Die Geburtshelferkröte – der Hilferuf des „Glockenfroschs“ wird erhört
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Eine Amphibie mit einzigartiger Brutbiologie kommt am Rand des Kottenforstes mit wenigen Exemplaren vor. Um ihr Aussterben zu verhindern, wird die Art seit diesem Jahr im Rahmen des LIFE+ Projektes unterstützt und gefördert.
Wer im späten Frühling bei Anbruch der Dämmerung in der Eifel oder im Bergischen Land an Abgrabungsgewässern entlang gewandert ist, hat vielleicht schon einmal einen vielmündigen, glockenähnlichen Laut vernehmen können. Dieser stammt nicht etwa von einem Nachtvogel, sondern gehört zum Balzritual der Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans).
Die abwechselnden Rufreihen von Männchen und Weibchen waren im Kottenforst fast verstummt. Nur noch wenige Rufer versammelten sich Jahr für Jahr am letzten Fortpflanzungsgewässer ohne erkennbaren Vermehrungserfolg. Vereinsamt saßen die kleinen, goldäugigen Tiere in ihren Rufverstecken, während sich ihr Lebensraum nach und nach verschlechterte.
Die Geburtshelferkröten sind in NRW stark gefährdet. In den letzten Jahren ist ein starker Rückgang zu beobachten, sodass die Art in der aktuellen Roten Liste bereits in die zweithöchste Gefährdungskategorie eingestuft wurde.
Das A und O - gut strukturierte Landlebensräume
Geburtshelferkröten leben die meiste Zeit des Jahres unabhängig vom Wasser. Entscheidend sind besonnte, warme Versteckplätze unter Steinen, Wurzeln oder in natürlichen Hohlräumen. Im Gegensatz zu anderen heimischen Froschlurchen findet selbst die Paarung an Land statt. Dabei übergibt das Weibchen dem Männchen nach der Befruchtung die aus 40 bis 80 Eiern bestehenden Laichschnüre, die dieses sich um seine Fersen wickelt. Das Männchen betreibt also aktiv Brutpflege, indem es sich drei bis sechs Wochen mit den Laichschnüren auf dem „Buckel“ versteckt, selbst kaum Nahrung aufnimmt und die Eier regelmäßig befeuchtet – In Europa ein einzigartiges Verhalten.
Schlupffertige Larven – von Geburt an schnell und wendig
Die schlupfbereiten Kaulquappen werden in nahe Gewässer eingesetzt. Mit einer Größe von 1 cm sind sie schon äußerst kräftig und mobil, so dass sie ihren Fressfeinden gut entkommen können. Dadurch reichen den Geburtshelferkröten eine geringe Zahl an Nachkommen aus, während ihre Verwandten Grasfrosch, Erdkröte und Co. tausende Kaulquappen in Laichballen oder -schnüren im Wasser ablegen.
Die Fortpflanzung der Geburtshelferkröte erstreckt sich in mehreren Durchgängen von April bis August. Nach zwei bis drei Monaten verlassen die kleinen, fertig entwickelten Geburtshelferkröten die Gewässer. Spät abgelegte Larven können sogar in den Gewässern zu überwintern und erst im Folgejahr ihre Entwicklung abzuschließen. Voraussetzung dafür sind frostfreie Gewässer.
Bagger und Motorsäge schaffen neue Lebensräume
Das letzte Laichgewässer im Kottenforst war in einem äußerst schlechten Zustand. Der Wasserkörper war praktisch nicht mehr vorhanden und die Schlammauflage bis zu 1,40 Meter mächtig. Im Umfeld gab es wenige Unterschlupfmöglichkeiten für die erwachsenen Tiere und das Ufer war von Gehölzen stark verschattet. Im Winter 2018 wurde das Gewässer ausgebaggert, die Bäume und Sträucher entfernt sowie eine Vielzahl von Unterschlupfmöglichkeiten in Form von übererdeten Wurzeltellern und Stubben angelegt.
In räumlicher Nähe wurden zudem in den letzten beiden Wintern vier weitere Gewässer angelegt, die der Art als Ausbreitungsgewässer dienen sollen. Im Winter 2019/2020 ist die Anlage zusätzlicher Gewässer geplant.
Unterstützung durch Wiederansiedlung
Leider ist die Population der Geburtshelferkröte im Kottenforst inzwischen zu klein, um langfristig zu überleben. Um den Bestand zu erhalten und zu stärken, werden Kaulquappen aus einer stabilen Spenderpopulation in der Region entnommen, von Züchtern aufgezogen und anschließend in die Gewässer im Kottenforst eingesetzt. Zuvor wurde natürlich überprüft, dass diese Spenderpopulation durch die Entnahme von Tieren nicht beeinträchtigt wird.
Mit Genehmigung der Naturschutzbehörden werden in den Jahren 2019 und 2020 maximal 400 Kaulquappen pro Jahr entnommen. Im Jahr 2019 wurden 370 Tiere gehältert und in zwei Gewässer des Kottenforstes eingesetzt. Der größte Teil wurde fachkundig im Naturschutzzentrum Bruchhausen in Erkrath aufgezogen.
In den kommenden zwei Jahren werden in insgesamt sechs Waldgewässern Geburtshelferkröten ausgesetzt. Sie sind Keimzellen für die Wiederbesiedlung des gesamten Waldgebietes.
Problem Chytridpilz – ein tödlicher Erreger
Leider ist die heimische Amphibienwelt durch einen Hautpilz (Batrachochytrium dendrobatidis) bedroht, der in jüngerer Vergangenheit aus den Tropen eingeschleppt wurde. Betroffene Tiere sind lethargisch und können am Körper zahlreiche Geschwüre und Bläschen zeigen.
Noch hat die Krankheit den Kottenforst nicht erreicht. Um die Einschleppung des Erregers zu verhindern, werden alle Geburtshelferkrötenlarven vorsorglich behandelt. Dazu werden die Tiere über vierzig Stunden schonend in Zuchtaquarien erwärmt, wodurch der Hautpilz abstirbt. Anschließend werden die Tiere auf den Hautpilz getestet und erst nach negativem Befund in die Freiheit entlassen. Auch adulte Geburtshelferkröten aus der Spenderpopulation wurden untersucht.