Biotopholz -Leitfaden

Artenschutz im Wald

Artenschutzrechtliche Vorgaben sind im Bundesnaturschutzgesetz geregelt. Von besonderer Bedeutung sind die Regelungen zum besonderen Artenschutz in §44 ff. BNatSchG. Diese Vorgaben gelten flächendeckend, das heißt auch außerhalb von Schutzgebieten.

Danach ist es verboten:

1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten oder ihren Entwicklungsformen nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten (Tötungsverbot),

2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert (Störungsverbot),

3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten  aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Schutz von Fortpflanzungs- und Ruhestätten),

4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören (Zugriffsverbot),

Mit Ausnahme des Störungsverbotes gelten alle Verbote individualbezogen, d.h. sie beziehen sich auf jedes einzelne Individuum der geschützten Art. Für die Waldbewirtschaftung gilt allerdings eine Lockerung dieser strengen Betrachtung, soweit diese der guten fachlichen Praxis entspricht (Legalausnahme).

Was sind geschützte Arten?

Das Gesetz unterscheidet besonders und streng geschützte Arten. Alle Verbote für die besonders geschützten Arten gelten auch für die streng geschützten Arten, da es sich um ein gestaffeltes System handelt. Der Schutz gilt für alle europäischen Vogelarten. Weitere Arten bzw. Artengruppen sind in der BArtSchV, der EU-ArtSchV sowie im Anhang IV der FFH-Richtlinie festgelegt. Die folgende Liste stellt die Arten zusammen, die für den Artenschutz im Wald in Nordrhein-Westfalen relevant sind (MULNV 2010).

Was bedeutet die Legalausnahme?

§44 Abs. 4 BNatSchG regelt, dass die Waldbewirtschaftung nicht gegen die oben genannten Verbote (Zugriffsverbote) verstößt, wenn sie der guten fachlichen Praxis entspricht. Für die Arten von Anhang IV der FFH-Richtlinie und die europäischen Vogelarten gilt dies allerdings nur, soweit sich durch die Bewirtschaftung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art nicht verschlechtert. Der Gesetzgeber fordert allerdings „vorbeugende Schutzmaßnahmen“ (§38 BNatSchG, EU-KOM-Leitfaden), um Konflikten mit den Artenschutzbestimmungen vorzubeugen. Die Umsetzung eines Biotopholzkonzeptes (z.B. Biotopholzstrategie "Xylobius" in NRW) sowie die Berücksichtigung der „Dienstanweisung zum Artenschutz im Wald und zur Beurteilung der Unbedenklichkeit von Maßnahmen in NATURA 2000 Gebieten im landeseigenen Forstbetrieb NRW“ (kurz Positivliste) sind vorbeugende Maßnahmen und schaffen so Rechtsicherheit für die alltägliche Arbeit des Bewirtschafters.

Was ist der Erhaltungszustand der lokalen Population?

Eine lokale Population definiert sich als Gruppe von Individuen einer Art, die eine Fortpflanzungs- oder Überdauerungsgemeinschaft bilden und einen zusammenhängenden Lebensraum gemeinsam bewohnen (MULNV 2015). Vorgaben für die Abgrenzung der lokalen Population von geschützten Arten in Nordrhein-Westfalen finden sich auf der Plattform „Geschützte Arten in Nordrhein-Westfalen“.
Der Erhaltungszustand einer Art beschreibt die Gesamtheit der Einflüsse, die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Populationen der betreffenden Arten auswirken können. Eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes ist immer dann anzunehmen, wenn sich der Fortpflanzungserfolg der lokalen Population deutlich verringert oder die Populationsgröße deutlich abnimmt. Der aktuelle Erhaltungszustand wird mit einer „ABC-Bewertung“ klassifiziert, die den Zustand der Population, die Habitatqualität und die Beeinträchtigungen einzeln bewertet und anschließend verrechnet (MULNV 2015). Die ABC-Bewertungsvorgaben für die betroffenen Arten finden sich auf der Plattform „Geschützte Arten in Nordrhein-Westfalen“.

Was ist die Fortpflanzungs- und Ruhestätte einer Art?

Als Fortpflanzungsstätte geschützt sind alle Orte im Gesamtlebensraum eines Tieres, die im Verlauf des Fortpflanzungsgeschehens benötigt werden, d.h. Balzplätze, Paarungsgebiete, Neststandorte, Brutplätze oder Areale, die von den Larven oder Jungen genutzt werden. Ruhestätten sind alle Orte, die das Tier regelmäßig zum Ruhen oder Schlafen aufsucht oder sich in Zeiten der Inaktivität zurückzieht, wie z.B. Schlaf-, Mauser- und Rastplätze, Schlafbaue oder Winterquartiere. Diese Orte sind auch geschützt, wenn sie nur zeitweise genutzt werden, z.B. Quartierbäume oder Winterquartiere von Waldfledermäusen (MULNV 2015). Die Abgrenzung der Fortpflanzungs- und Ruhestätte für die geschützten Arten finden sich auf der Plattform „Geschützte Arten in Nordrhein-Westfalen“.

Regelungen für Natura 2000 Gebiete

In den FFH- und Vogelschutzgebieten gilt für die unter die Erhaltungsziele des Gebietes fallenden FFH-Arten von Anhang II bzw. europäischen Vogelarten aus Anhang I über die Verbote von BNatSchG §44 Abs. 1 hinaus noch das Verschlechterungsverbot des §33 Abs. 1 BNatSchG. Danach sind erhebliche Beeinträchtigungen der für den Erhaltungszustand maßgeblichen Bestandteile des Gebietes unzulässig (MULNV 2015). Zu den maßgeblichen Bestandteilen gehören die im Standarddatenbogen des Gebietes genannten Arten und Lebensraumtypen. Bei Berücksichtigung der Positivliste ist durch die Bewirtschaftung kein Verstoß gegen das Verschlechterungsgebot zu befürchten.
Handelt es sich bei den unter die Erhaltungsziele des Gebietes fallenden Arten um Alt- und Totholzbewohner, so bildet die Umsetzung eines Biotopholzkonzeptes eine geeignete Maßnahme, um den Erhaltungszustand zu sichern bzw. wenn nötig zu verbessern.

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