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Großhöhle

 

Großhöhlen gehören aufgrund ihrer Seltenheit und langen Entwicklungsdauer zu den wertvollsten Mikrohabitaten unserer Wälder und sind ausnahmslos zu erhalten. Zumeist finden sich Großhöhlen im Hauptstamm oder in den starken Hauptästen.

Die Entwicklung einer Großhöhle an der Eiche ist ein langsamer Prozess, der viele Jahrzehnte in Anspruch nimmt. Aufgrund des gerbstoffreichen Kernholzes schreitet die Zersetzung durch Pilze und Bakterien nur sehr langsam voran. Ausgangspunkt der Höhlenbildung sind Spechthöhlen, stammnahe Astabbrüche oder andere Stammschäden, durch die holzzersetzende Pilze die schützende Borke überwinden und in den Stamm eindringen können. Der wichtigste Höhlenbildner an der Eiche ist der Schwefelporing (Laetiporus sulphureus). Da unsere heimischen Eichen besonders langlebig sind, können die Großhöhlen über sehr lange Zeiträume als Lebensraum für Alt- und Totholzbewohner zur Verfügung stehen.

Die Ansprache einer Großhöhle ist nicht immer einfach, denn die Größe des Höhlenzugangs erlaubt nur bedingt Aussagen über deren Volumen. Zwar nimmt der Querschnitt des Eingangs mit zunehmenden Höhlenalter meist zu, aber auch hinter dem Ausflugloch einer Buntspechthöhle oder einem weitgehend überwallten Astabbruch kann sich eine Großhöhle entwickelt haben. Wenn die Höhlenöffnung nicht einsehbar ist, so kann aus der Kombination verschiedener Mikrohabitate auf die Existenz einer Großhöhle geschlossen werden:

  • mehrere Spechtlöcher im räumlichen Verbund auch in unterschiedlichen Himmelsrichtungen
  • tief ausgefaulte Astabbrüche
  • Stammrisse
  • Mulm- oder Feuchtigkeitsaustritt aus Höhlenöffnungen
  • Stammverdickung im Höhlenbereich, der durch die Ausbildung von Stützholz entsteht

Der Innenraum einer Großhöhle ist vielfältig gegliedert. Am Höhlenrand setzt sich der Holzabbau durch die Pilze ständig fort. Das von Mycelien durchsetzte und aufgeweichte Holz wird von Käfern gefressen, die sich auf den Spuren der Pilze einbohren. Holzameisen bauen ihre Gangsysteme und Brutkammern in die Höhlenwände. Durch die zunehmende Auflösung der Holzstruktur vergrößern sich der Höhlen im Laufe der Zeit. Es finden sich Spalten, Risse und Mulmtaschen, Pilzfruchtkörper und –mycelien, die von speziell angepassten Artengemeinschaften besiedelt werden. Absätze im Stammverlauf bieten Kleinsäugern und höhlenbrütenden Vögeln die Möglichkeit zur Anlage ihrer Nester. Überhänge dienen als Schlafplatz für Fledermäuse. Am Grund der Höhle kann sich ein Mulmkörper entwickeln, der sich aus Holzresten sowie organischen Materialien zusammensetzt, die durch Sekundärbewohner eingebracht werden (Möller 2019).

Kartierungseinheiten:
  • Große Faulhöhle: Ausgefaulte Astabbrüche mit Höhlenkörper und einem Durchmesser der Höhlenöffnung > 10 cm
  • Stammfußhöhle
  • Hohler Stamm
  • Spalthöhle: Halboffene Stammhöhle mit einer länglichen Öffnung > 30 cm

 

Bedeutung für die Artenvielfalt

Großhöhlen sind Lebensraum für viele xylobionte Arten. Sie nisten hier, finden darin Unterschlupf und Nahrung. Dabei handelt es sich um höhlenbrütende Vögel, Fledermäuse und andere Kleinsäuger, wie Bilche und Mäuse. Auch staatenbildende Insekten wie Ameisen, Hornissen, Bienen und Wespen siedeln sich hier an. Insbesondere unter den Käfer gibt es viele Arten, die an das Leben in der Höhle angepasst sind. Besonders beeindruckend sind baumhöhlenbewohnende Großkäfer wie der Eremit, der bevorzugt Baumhöhlen alter Eiche besiedelt. Seine Larven entwickeln sich über mehrere Jahre tief im Mulmkörper am Übergang zum umgebenden Holz. Sie ernähren sich vom verfallenden Holz und tragen so zur Erweiterung der Höhle bei. Auch die ausgewachsenen Tiere verlassen die Höhle nur selten, so kann eine Population über Jahrhunderte hinweg die gleiche Uralteiche besiedeln (Stokland et al. 2013).

Recht

Nach BNatSchG§ 44 Abs. 1 Nr. 3 ist es verboten, die Fortpflanzungs- oder Ruhestätten von besonders geschützten Arten zu beschädigen oder zu zerstören. Großhöhlen sind naturschutzrechtlich geschützt, wenn sie von besonders geschützten Arten oder heimischen Vogelarten besiedelt werden. Dies gilt auch, wenn sich eine Art dort nur zeitweise aufhält.

Befindet sich der Waldbestand in einem Naturschutzgebiet, so sind neben den gesetzlichen Grundlagen auch die Auflagen des Landschaftsplans bzw. der Naturschutzverordnung zu berücksichtigen.

Weitere Informationen zum Artenschutzrecht finden sich hier.

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